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Begleitservice
aus: Balsam für die Seele
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Endlich war der Presserummel vorbei und Willi Menke trat seinen
neuen Dienst an. Er war nicht mehr der Busfahrer bei den Verkehrsbetrieben,
sondern Chef in dem neu geschaffenen Ressort Sicherheitsbereich. Das war
nicht nur für ihn etwas neues. In den Verkehrsbetrieben hatte man sich
lange Zeit mit der Eindämmung der Kosten beschäftigt, die durch den
Vandalismus entstanden waren. Auch häuften sich Beschwerden von Fahrgästen,
die nicht mehr bereit waren, die Kosten für Reinigungen ihrer Kleidung durch
verdreckte Sitze in Bus und Bahn zu bezahlen. Präsenz war das Zauberwort,
von dem man sich mehr versprach, als von teuren Videoüberwachungen. Was
sollten die auch bringen? Man hatte den Täter zwar vielleicht auf dem Bild,
aber der Schaden war schon entstanden. Dem wollte man vorbeugen. Für
Willi Menke kam diese Einsicht der Verkehrsbetriebe genau im richtigen
Moment. Nach einer schweren Krampfaderoperation hatte der Betriebsarzt ihm
von ständig sitzender Arbeit abgeraten. Aber Willi war nun einmal mit Leib
und Seele Busfahrer. Also bezog man ihn in die neuen Planungen gleich mit
ein. So hatte er seine Arbeit hoch in seinem geliebten Bus, wenn auch nicht
mehr hinter dem Steuer und sein Betrieb wusste eine Fachkraft im Bus, der
man so schnell nichts vormachen konnte. Er wurde quasi der alte Schaffner,
wie man ihn von früher kannte. Er kontrollierte die Fahrtausweise,
beobachtete das Verhalten der Fahrgäste, half Fahrgästen, mit und ohne
Kinderwagen, beim Ein- und Aussteigen. Kurz, er war der Mann für alle Fälle.
Diese Neuerungen sprachen sich natürlichschnell rum. Wegen seines besonnenen
Verhaltens wurde Willi auch gleich auf einer Problemstrecke eingesetzt, die
überall nur Rabaukenlinie hieß. Jugendliche und Heranwachsende, mit
überschäumendem Temperament, mit wenig oder gar keinem Benehmen hatten schon
mehrfach Anlass zu heftigen Beschwerden gegeben. Auf dieser Linie waren auch
die Vandalismusschäden am größten. Bei Fahrgastbefragungen war man außerdem
zu erschreckenden Ergebnissen gekommen, die durch Mitarbeiter der
Verkehrsbetriebe über- prüft wurden. Klaus Rudolfi, Leiter der
Verkehrsbetriebe/ hatte selbst üble Erfahrun- gen gemacht, die in Zukunft
kein Fahrgast mehr erleben sollte. Die Verkehrsbetriebe sollten wieder
sicher, sauber und attraktiv werden. Schon am zweiten Tag musste Willi in
Aktion treten. Höflich, wie es sein Art nun einmal war, machte er vier
Jugendliche darauf aufmerksam, dass die Sitzbänke, wie der Name es schon
aus- drückt, Sitzbänke und keine Liegestätten für müde Füße seien und dass
ein Walkman im Bus nicht benutzt werden darf. Dabei wies er auf ein großes
Schild an der Eingangstür hin. „Ey, was ist los?" maulte ihn gleich der
ältere aus der Truppe an. „Was will denn dieser Urnenhuscher von uns? Hat
der uns überhaupt was zu sagen?" provozierte der zweite gleich hinterher.
Willi zog seinen Ausweis und hielt jedem der vier diesen unter die Nase.
„Er hat! Und jetzt nehmt endlich die Füße von den Sitzen!" forderte Willi
sie etwas energischer auf. „Sag mal, quatscht der uns hier so an?" wurde
jetzt auch der vierte allmählich gesprächig. Als Willi dann auch noch die
Fahrscheine ver- langte, flippten die vier fast aus. „Wenn ich dann mal
bitten dürfte", forderte Willi in einem schon schärferen Ton. Dann fing
jeder an, gemächlich in seinen Hosentaschen zu suchen. Im gleichem Moment
fing bei einer jungen Frau vor den Knaben das Handy an zu klingen. Er
tippte ihr auf die Schulter und wies sie auf das Handy-Verbot-Schild hin.
„Warte mal eben, hier macht mich so ein Kerl an. Mann, was ist los? Sie
können mich doch nicht beim Telefonieren stören, ich glaube ich spinne!"
maulte sie Willi genervt an und wollte sofort wieder ihr Gespräch aufnehmen.
„Das ist ein Bus und keine Telefonzelle", und hielt auch ihr den Aus-
weis unter die Nase. „Das fasse ich ja wohl nicht", störte sich aber
weiter nicht an Willis Aufforderung. Auf einmal drückte Willi an seinem,
extra für dieses Projekt entwickelten Scanner, welches nicht nur zum Lesen
von Fahrscheinen vor herrschte, und das Handy hatte keinen Empfang mehr. Wie
eine Furie ging sie auf Willi los. „Mann, Alter! Spinnst du?" „Wie war
das?" fragte Willi nach. „Hinter Mond leben und auch noch taub, was? Ey,
sofort geht mein Handy wieder an, sonst gibt es gewaltig Ärger!" drohte sie
ihm mit zusammengekniffenen Augen. „Das glaube ich auch", meinte Willi
gelassen. „Und so lange ich Ihnen gegenüber höflich bin, erwarte ich das
auch von Ihnen. Das zum einen! Da steht das Schild „Handy-Verbot", daran
haben auch Sie sich zu halten und wenn Sie sich beschweren wollen, hier ist
meine Karte. Und jetzt möchte ich auch noch Ihren Fahrschein sehen!"
erklärte Willi ihr, Unterdessen hatten sie die gesamte Aufmerksamkeit der
übrigen Fahrgäste. Auch der Fahrer hatte inzwischen den Disput bis nach
vorne mitbekommen und fragte über den Lautsprecher: „Willi, brauchst Du
Hilfe?" Über sein Funkgerät verneinte Willi dies. Inzwischen hatte die junge
Dame ihre Tasche nach dem Fahrschein durchwühlt und endlich ihr Umwelt-Abo
hervorgekramt. Willi ging mit seinem Scanner drüber. „War's das oder
möchten Sie auch noch meinen Personalausweis sehen? Und was ist jetzt mit
meinem Handy?" „Außerhalb des Busses funktioniert es wieder tadellos!"
„Das hoffe ich für Sie!" giftete sie Willi an und verließ an der nächsten
Haltestelle den Bus. „So", meinte Willi, und wandte sich den vier Knaben
wieder zu. „Hat jetzt jeder seinen Fahrschein gefunden?" Gleichzeitig
überzog so eine untrügliche Röte ihre Gesichter. Der Bus fuhr inzwischen die
nächste Haltestelle an und die Knaben wiesen Willi darauf hin, hier
aussteigen zu müssen. Willi nahm mit seinem Funkgerät Kontakt zum Fahrer
auf, und dann stand der Bus. Die vordere Tür wurde geöffnet für die Ein- und
Aussteiger, die hintere blieb zu. Die Fahrscheine hatten sich irgendwie in
Luft aufgelöst. Willi verlangte nun die Personal-Ausweise, scannte sie ein
und da sie die Kosten fürs Schwarzfahren nicht zahlen konnten, bekamen sie
die Auflage, diese Gebühren bis morgen Mittag bei den Verkehrsbetrieben zu
begleichen. Dafür druckte Willis Scanner auch den entsprechenden Beleg aus
und er gab den Jungen mit auf den Weg: „Wenn das Geld morgen nicht
eingezahlt wird, erscheinen wir bei Euch zu Hause. Die Anschriften sind uns
ja jetzt bekannt!" und wies auf den Scanner. „Ist das bei Euch angekommen?
Okay!" Er nahm sein Funkgerät und der Fahrer öffnete die hintere Tür. Kein
Fahrgast beschwerte sich, im Gegenteil, Willi bekam noch Applaus. „Endlich
wird mal durchgegriffen", hörte er einige Fahrgäste sagen. Willi erkannte,
wie bedeutend doch so ein Busbegleiter zu sein schien und mancher Fahrgast
auf diesen Service offenbar gewartet hatte. Man muss nur erst einmal
anfangen, dann läuft alles andere wie von selbst. |